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Ukrainische Armee gibt Verteidigung der Stadt Lyssytschansk im Osten auf
Ukrainische Armee gibt Verteidigung der Stadt Lyssytschansk im Osten auf / Foto: Genya SAVILOV - AFP

Ukrainische Armee gibt Verteidigung der Stadt Lyssytschansk im Osten auf

Nach wochenlangen Kämpfen haben die ukrainischen Truppen die Verteidigung der strategisch wichtigen Stadt Lyssytschansk in der Ostukraine aufgegeben. "Um das Leben der ukrainischen Verteidiger zu schützen, wurde die Entscheidung getroffen, sich zurückzuziehen", teilte der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte am Sonntagabend in einer Erklärung mit. Zuvor hatte das russische Verteidigungsministerium erklärt, mit der Einnahme der Stadt sei die gesamte Donbass-Region Luhansk "befreit" worden.

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Der Generalstab verwies in seiner Erklärung auf die zahlenmäßige und materielle Überlegenheit der russischen Armee. "Unter den Bedingungen einer mehrfachen Überlegenheit der russischen Truppen in Bezug auf Artillerie, Luftwaffe, Raketenabschusssysteme, Munition und Personal hätte die Fortsetzung der Verteidigung der Stadt fatale Folgen gehabt", hieß es. In der Stadt lebten einst 95.000 Menschen.

Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu habe Präsident Wladimir Putin am Sonntag "über die Befreiung der Volksrepublik Luhansk informiert", erklärte das Ministerium. Russische Truppen und pro-russische Kämpfer hätten "die vollständige Kontrolle" über Lyssytschansk und nahegelegene Orte übernommen.

Lyssytschansks Nachbarstadt Sjewjerodonezk war bereits vor gut einer Woche von russischen Truppen erobert worden. Beide Städte gehören zur Region Luhansk, eine der beiden Teilregionen des Donbass. Nach der Einnahme von Lyssytschansk könnten die russischen Truppen nun auch Kramatorsk und Slowjansk in der zweiten Donbass-Teilregion Donezk ins Visier nehmen.

Slowjansk, wo einst 100.000 Menschen lebten, liegt bereits seit Tagen unter heftigem Raketenbeschuss. Nach ukrainischen Behördenangaben starben dort am Sonntag mindestens sechs Menschen, 15 weitere seien verletzt worden.

Die ukrainische Armee warf den russischen Streitkräften am Wochenende zudem vor, die strategisch wichtige Schlangeninsel im Schwarzen Meer mit Phosphorbomben angegriffen zu haben. Die russische Armee hatte die Schlangeninsel vier Monate lang besetzt gehalten, sich am Donnerstag aber überraschend von ihr zurückgezogen.

In der russischen Grenzstadt Belgorod wurden nach Angaben der Behörden vier Menschen bei Explosionen getötet und vier weitere verletzt. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, dass am Sonntagmorgen "drei von ukrainischen Nationalisten auf Belgorod abgefeuerte Raketen" abgefangen worden seien. Die Behörden im Grenzgebiet zur Ukraine werfen der ukrainischen Armee seit dem 24. Februar immer wieder Angriffe auf russisches Gebiet vor, vor allem in der Region Belgorod.

Im Nachbarland Belarus erklärte der eng mit Putin verbündete Machthaber Alexander Lukaschenko am Samstag, die belarussische Armee habe "vor rund drei Tagen" von der Ukraine auf sein Land abgefeuerte Raketen abgefangen.

Aus der von Russland besetzten Stadt Melitopol in der Südukraine wurden unterdessen ukrainische Angriffe gemeldet. Der im Exil lebende Bürgermeister Iwan Fedorow erklärte auf Telegram, ukrainische Truppen hätten in der Nacht zum Sonntag einen russischen Militärstützpunkt in der Stadt angegriffen und zerstört. Nach Angaben der von Moskau eingesetzten Behörden wurden Häuser in der Umgebung des Stützpunktes beschädigt und ein Flughafen getroffen.

Unterdessen versprach der australische Premierminister Anthony Albanese der Ukraine zusätzliche militärische Hilfe in Höhe von "hundert Millionen Dollar". Sein Land werde die von der Ukraine angeforderte zusätzliche militärische Ausrüstung bereitstellen, darunter 14 gepanzerte Mannschaftstransporter, 20 gepanzerte Bushmaster-Fahrzeuge und eine Reihe von Drohnen.

"Es ist mir eine große Ehre, der erste australische Premierminister zu sein, der die Ukraine besucht", sagte Albanese bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Zuvor hatte er unter anderem die Städte Butscha und Irpin besucht, in denen die russischen Streitkräfte Kriegsverbrechen begangen haben sollen.

M.P.Huber--MP