

Nach Gwinn-Schock: DFB-Frauen kämpfen sich zum EM-Startsieg
Trotz des tief sitzenden Schocks über den Verlust von Kapitänin Giulia Gwinn haben sich die deutschen Fußballerinnen zum EURO-Startsieg gekämpft. Der Rekordeuropameister gewann seinen EM-Auftakt nach langen Anlaufschwierigkeiten 2:0 (0:0) gegen Debütant Polen.
Jule Brand per Traumtor (52.) und Lea Schüller (66.) trafen in St. Gallen für den achtmaligen Titelträger. Überschattet wurde der Sieg von der womöglich schweren Knieverletzung Gwinns. Die Rechtsverteidigerin, die in der Vergangenheit bereits zwei Kreuzbandrisse erlitten hat, humpelte unter Tränen vom Platz. Eine "zeitnahe" MRT-Untersuchung soll Klarheit bringen.
Im zweiten Spiel der Gruppe C gewann Schweden das skandinavische Duell mit Dänemark 1:0 (0:0). Auf die Däninnen trifft die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) am Dienstag in Basel. Gegen Schweden geht es vier Tage später in Zürich.
Bundestrainer Christian Wück verzichtete bei seiner Turnierpremiere als Frauencoach beim Personal auf Experimente. Die Deutschen liefen mit derselben Startelf auf, die Ende Mai in der Nations League gegen die Niederlande (4:0) überzeugt hatte. Linda Dallmann erhielt im offensiven Mittelfeld den Vorzug vor Laura Freigang, Sarai Linder startete links hinten anstelle von Franziska Kett. In der Ära nach Alexandra Popp führte Gwinn das deutsche Team erstmals als Kapitänin bei einem EM-Spiel aufs Feld.
"Wir haben, glaube ich, eine gute Mischung gefunden", kommentierte Wück kurz vor dem Anpfiff in der ARD seine Aufstellung: "Es wird wichtig sein, wie wir ins Spiel reinkommen. Die Bedingungen sind top, es wird keine Ausreden geben." DFB-Sportdirektorin Nia Künzer gab zu Protokoll, dass "wir mit unserer Spielweise begeistern" wollen: "Ich erwarte mir ein dominantes deutsches Team."
Die rund 4000 deutschen Fans, darunter DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Geschäftsführer Andreas Rettig, sahen einen nervösen Beginn des zweimaligen Weltmeisters. Sämtliche Mannschaftsteile offenbarten Schwächen, lediglich Klara Bühl sorgte für einen Hauch von Gefahr vor dem polnischen Tor (8.).
Nach einer Viertelstunde erhöhten die Deutschen den Druck, echte Torchancen konnte sich die Wück-Elf aber auch bis Mitte der ersten Hälfte nicht erarbeiten. In der 24. Minute hatte Brand erstmals die Führung auf dem Fuß, das deutsche Spiel blieb in der Folge dennoch viel zu einfallslos.
In der Defensive hatte die DFB-Elf zweimal Glück bei knappen Abseitssituationen. Polens Topstar Ewa Pajor, einst beim VfL Wolfsburg zweimal Torschützenkönigin, nun in Diensten des FC Barcelona, lauerte auf einen geglückten Konter.
Bei einer Rettungstat gegen Pajor verletzte sich Gwinn am linken Knie, in der 40. Minute ging sie unter Tränen und gestützt von einem Betreuer vom Platz. Für sie kam Carlotta Wamser. "Mit ihr verliert die Mannschaft eine Mentalitätsspielerin", sagte Ex-Nationaltorhüterin Almuth Schult in der Pause als ARD-Expertin über Gwinn.
Zu Beginn des zweiten Durchgangs beruhigte der sehenswerte Treffer Brands von der Strafraumgrenze die arg strapazierten Nerven des Olympiadritten aus dem Vorjahr. Von einer überzeugenden Vorstellung waren die Deutschen dennoch weit entfernt.
In der 61. Minute hätte Sjoeke Nüsken per Kopf aus kurzer Distanz erhöhen müssen, auf der Gegenseite hatte Pajor den Ausgleich auf dem Fuß (64.). Noch in derselben Minute hätte Schüller per Kopf wie Nüsken treffen müssen. Kurz darauf machte sie es besser.
Y.Hube--MP