

Merz mahnt Stärkung Europas an - Opposition kritisiert Bilanz des CDU-Kanzlers
Weniger Regulierung und Bürokratie, mehr militärische Stärke: Vor dem EU-Gipfel hat Kanzler Friedrich Merz (CDU) am Donnerstag in einer Regierungserklärung tiefgreifende Reformen zur Stärkung der Europäischen Union angemahnt. Er forderte im Bundestag zudem, den Sanktionsdruck auf Russland im Ukraine-Krieg weiter zu erhöhen. Die Opposition nutzte die Debatte für eine Generalabrechnung auch mit der Innenpolitik des CDU-Kanzlers.
Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Bürokratieabbau seien entscheidend für die Frage, ob Europa in einigen Jahren ein "handelnder Akteur" in der Weltwirtschaft bleibe oder "zum Spielball von großen Wirtschaftszentren etwa in Asien oder in Amerika" werde, sagte Merz. In Europa gebe es dabei "kein Erkenntnisproblem", sondern vielmehr "ein Umsetzungsproblem". Dieses werde er beim EU-Gipfel kommende Woche erneut auf die Tagesordnung bringen.
"Europa wird nur produktiver werden, wenn es sich grundlegend ändert", sagte Merz und forderte: "Schluss mit der Regulierungswut, schnellere Verfahren, offene Märkte, mehr Innovation und mehr Wettbewerb."
Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit stehe dabei nicht im Widerspruch zu Deutschlands klarem Bekenntnis, die Klimaziele bis 2045 einschließlich der Zwischenziele bis 2040 zu erreichen, betonte Merz. "Ich will allen Zweifeln, die daran geäußert werden, hier ausdrücklich entgegentreten." Die Politik dürfe beim Umweltschutz aber nicht mit übermäßiger Regulierung "und schon gar nicht mit Verboten" agieren.
Militärisch müsse Europa gleichzeitig stärker werden, sagte der Kanzler. Nur so könne es eine "Friedensmacht sein in der Welt". Denn "nur Stärke bewahrt Frieden, Schwäche bringt den Frieden ins Wanken".
Auch unter Verweis auf die jüngsten Drohnenvorfälle warf Merz Russland hybride "Kriegsführung" gegen Europa vor. Er kündigte für Deutschland einen "umfassenden Aktionsplan" zur Abwehr solcher Bedrohungen unterhalb der Schwelle eines offenen militärischen Konflikts an. Dieser solle "in wenigen Tagen" durch den neue eingerichteten nationalen Sicherheitsrat beraten werden.
Merz bekräftigte zudem die Forderung nach einer stärkeren Nutzung der in Europa eingefrorenen russischen Vermögenswerte. Mit ihnen könnten der Ukraine "insgesamt rund 140 Milliarden Euro zusätzlich an zinsfreien Krediten" gewährt werden, sagte Merz. Damit lasse sich "die militärische Widerstandsfähigkeit der Ukraine über mehrere Jahre hinweg sichern".
"Wir wollen dies nicht tun, um den Krieg zu verlängern", sagte Merz. "Wir wollen das tun, um diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden." Russlands Präsident Wladimir Putin zu Verhandlungen gebracht werden. Ihm müsse dafür klar werden, dass die Europäer "den mutigen Abwehrkampf der Ukraine so lange wie nötig" unterstützen würden.
AfD-Chefin Alice Weidel warf Merz vor, Deutschland in einen "Herbst des Niedergangs" zu führen. Das Land befinde sich "auf voller wirtschaftlicher Talfahrt", sagte sie. "Das ist keine Rezession, das sind Vorboten des Zusammenbruchs." Doch für notwendige Reformen fehle der schwarz-roten Koalition "der Wille und das Können". Sie lasse "die Menschen in diesem Land im Stich".
Grünen-Chefin Katharina Dröge sprach Merz die Eignung als Kanzler ab. Die Unionsfraktion habe dem CDU-Chef in den vergangene Monaten "in Serie die Mehrheit verweigert", sagte sie. Der koalitionsinterne Streit um den Wehrdienst, die Rentenpolitik und die zunächst gescheiterte Verfassungsrichterwahl stellten die Handlungsfähigkeit von Merz in Frage. "Ein Kanzler ohne Mehrheit, der kann keine Regierung führen."
Linken-Fraktionschef Sören Pellmann kritisierte, dass Merz von einem "waffenstarrenden Europa" träume anstatt sich auf EU-Ebene für eine gerechte Sozialpolitik einzusetzen. Auch in Deutschland hätten mittlerweile eine halbe Million Menschen keine Wohnung. "Das ist der Skandal mitten in Europa", sagte Pellmann. Die Menschen warteten hier auf Antworten, die Merz nicht gebe.
E.Schmitt--MP